Kein Anspruch auf Insolvenzgeld bei bereits zum Vertragsabschluss bestehender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Arbeitgebers

Gewährung von Insolvenzgeld sichert nur Nichterfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers bei Vermögensverfall ab

Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn Arbeitgeber von Anfang an zahlungsunfähig oder überschuldet war. Im zugrunde liegenden Fall schloss der 1970 geborene Kläger mit der A. GmbH & Co. KG zum 1. Mai 2016 einen Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit als „Regional Sales Director“ im Home-Office für eine monatliche Vergütung von monatlich 6.000 Euro brutto + 10 % Umsatzprovision zzgl. 13. und 14. Monatsgehalt. Im Anschluss hieran wurde jedoch weder Lohn gezahlt noch die zugesagte Ausstattung (Smartphone, Laptop und ein Firmen-Kfz mit einem Budget-Limit von 70.000 Euro) zur Verfügung gestellt. Kommanditistin der A. GmbH & Co. KG war die wegen Betrugs vorbestrafte L. In deren Privatwohnung befand sich der Unternehmenssitz. Das Mietverhältnis wurde mit einer Zahlungs- und Räumungsklage u.a. wegen Mietrückständen durch den Vermieter beendet. Über eigene Firmenräume verfügte die A. GmbH & Co. KG nicht, die von ihr eingestellten Arbeitnehmer arbeiteten jeweils von ihren privaten PCs aus. Der Geschäftsbetrieb wurde Mitte 2016 eingestellt. Ein zu verteilendes Vermögen war nicht vorhanden.

Arbeitsagentur verneint Anspruch auf Insolvenzgeld

Die Bundesagentur für Arbeit lehnte es ab, dem Kläger Insolvenzgeld zu gewähren, nachdem die Kommanditistin mitgeteilt hatte, nicht in die Insolvenz zu gehen, da sie die endgültige Freigabe von Geldern eines ausländischen Investors erhalten habe und diese in Kürze transferiert sein würden.

Kein Insolvenzgeld bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bereits bei Beginn einer etwaigen betrieblichen Tätigkeit

Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Sozialgericht Heilbronn erfolglos. Die Gewährung von Insolvenzgeldsichere nur die Nichterfüllung der Zahlungspflicht eines Arbeitgebers ab, wenn er in Vermögensverfall geraten ist. Sie komme dann nicht in Betracht, wenn ein Arbeitgeber bereits zu Beginn einer etwaigen betrieblichen Tätigkeit zahlungsunfähig oder überschuldet war. Dies treffe hier zu. Die A. GmbH & Co. KG sei von der Kommanditistin lediglich in der Hoffnung gegründet worden, das Unternehmen mittels erwarteter Investitionen eines vermeintlichen Prinzen von Benin betreiben zu können. Dieser habe ihr während eines Besuchs in Benin eine Finanzierung über 2,5 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt und zum Anschub des Geschäfts Geldbeträge gefordert, die die Kommanditistin über Anlagegeschäfte mit nicht eingelösten Renditeversprechen zwischen 175 und 500 % beschafft habe. Eine eigentliche Geschäftstätigkeit außer dem Versuch, die erforderlichen Gelder zu beschaffen, um an die Investitionen des vermeintlichen Prinzen zu gelangen, sei jedoch nie erfolgt. Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass an einzelne Arbeitnehmer im Februar 2016 Löhne gezahlt worden seien. Denn diese seien lediglich aufgrund eines Darlehens in Höhe von 115.000 Euro erfolgt, welches die Kommanditistin aufgenommen habe, ohne über erforderliches Vermögen oder hinreichende Erträge zur Begleichung der Verbindlichkeiten zu verfügen.

Quelle:
Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 16.10.2018- S 1 AL 3799/16 –